Wenn man lange genug im Ehrenamt unterwegs ist und mit genug leidenschaftlichen, überarbeiteten und gleichzeitig wunderbar engagierten Menschen zusammenarbeitet, erkennt man ein Muster:
Gemeinnützige Vereine wollen viel erreichen, aber oft fehlt der rote Faden.
Man erkennt es daran, dass in Sitzungen gern zehn Projekte auf einmal aufgeführt werden.
Drei davon sind dringend, zwei sind wichtig, vier sind „schon immer so gemacht worden“ und eines ist so neu, dass es noch nicht einmal einen Titel hat.
Wenn dann jemand fragt: „Was ist eigentlich unser wichtigstes Ziel dieses Jahr?“, wird es spontan auffällig leise.
Kommt dir das bekannt vor?
Keine Sorge. Du bist nicht allein.
Viele Vereine arbeiten heldenhaft, engagiert und mit viel Herz, aber oft ohne klaren Plan. Und das ist schade, denn ein guter strategischer Plan ist kein bürokratisches Monster, sondern ein Verbündeter. Ein Kompass. Ein Schutzschild gegen Chaos. Ein Magnet für Spenden.
Lass uns deshalb die fünf Wahrheiten anschauen, die die meisten überraschen und oft vieles verändern.
Planung garantiert keinen Erfolg, aber Planlosigkeit einen Misserfolg
Ernst Reinhardt
1. Die stille Krise: Fast die Hälfte aller strategischen Pläne scheitern
Fangen wir direkt mit einem Knaller an:
Ein großer Teil aller strategischen Pläne funktioniert schlicht nicht. Nicht, weil sie schlecht geschrieben wären. Sondern weil sie nicht gelebt werden.
Studien zeigen:
48 % der Führungskräfte reden weniger als einen Tag pro Monat über ihre Strategie.
Das bedeutet:
Der Plan existiert, aber keiner schaut rein.
Er ist wie ein Fitnessgerät im Keller:
Gut gemeint, nie benutzt.
Hinzu kommt:
Über die Hälfte aller Vereine hat überhaupt keinen Plan. Viele arbeiten nach dem Motto: „Wir machen einfach mal. Es wird schon irgendwie klappen.“
Das Ergebnis ist immer das gleiche:
- Projekte starten gleichzeitig und konkurrieren um dieselben Leute.
- Geld wird für spontane Ideen statt für strategische Prioritäten ausgegeben.
- Das Team fühlt sich beschäftigt, ohne wirklich voranzukommen.
- Und die drei größten Herausforderungen — Zeit, Geld und Personal — verschärfen sich.
Die Ironie:
Ein klarer Plan würde genau diese Probleme entschärfen.
Ein Plan ist kein Luxus.
Er ist Überlebensstrategie.
Eine Planung ohne Strategie ist wie ein Brunnen ohne Wasser
Julian Nasiri
2. Die interne Kluft: 95 % der Mitarbeiter kennen die Strategie nicht
Hier kommt eine Zahl, die viele Führungskräfte erst mal schlucken lässt:
95 % der Mitarbeiter kennen die Strategie ihres Arbeitgebers nicht.
Und das gilt leider auch für gemeinnützige Vereine.
Wenn ich mit Teams spreche und frage:
„Was ist euer Hauptziel für dieses Jahr?“
bekomme ich Antworten wie:
- „Äh… Spenden erhöhen?“
- „Mehr Mitglieder?“
- „Die neue Aktion im Herbst?“
- „Ich glaube… irgendwas mit Digitalisierung?“
Diese Unklarheit ist kein Problem der Menschen. Es ist ein Problem der Kommunikation.
Denn die meisten Freiwilligen brennen für die Mission.
Sie wollen helfen, beitragen, mitgestalten.
Aber sie brauchen Orientierung.
Wenn niemand weiß, wohin der Verein steuert, passiert Folgendes:
- Aufgaben werden nach Lautstärke und Dringlichkeit erledigt, nicht nach Wichtigkeit.
- Das Engagement verpufft.
- Entscheidungen fühlen sich willkürlich an.
- Und Mitarbeiter verlieren Motivation, weil sie keine Wirkung sehen.
Ein strategischer Plan ist hier wie das Einlegen eines klaren Senders nach wochenlangem Rauschen:
Plötzlich hören alle wieder dieselbe Musik.
Strategie – was man einsetzt. Taktik – wie man es einsetzt.
Heinz Körber
3. Die unterschätzte Superkraft: Ein Plan hilft Ihnen, „Nein“ zu sagen
Jeder, der länger im Ehrenamt arbeitet, weiß:
Es gibt immer mehr Ideen als Ressourcen.
Und mehr „Kann man mal kurz machen“-Anfragen als Minuten im Tag.
Hier kommt dein neuer bester Freund ins Spiel:
Ein Plan, der dir erlaubt, „Nein“ zu sagen. Höflich und ohne schlechtes Gewissen.
Die meisten Vereine scheitern nicht daran, dass sie zu wenig tun.
Sie scheitern daran, dass sie zu viel tun, gleichzeitig.
Ein strategischer Plan klärt:
- Was gehört zu unserer Mission?
- Was zahlt auf unsere Ziele ein?
- Welche Projekte sind wirklich wichtig?
- Und was ist… nett gemeint, aber nicht hilfreich?
Ohne Plan sagt man zu vielem „Ja“, weil man niemanden enttäuschen will.
Mit Plan sagt man „Nein“, weil man die Mission schützen will.
Ein Beispiel aus der Praxis:
„Das ist eine großartige Idee, aber sie passt nicht zu unseren diesjährigen Prioritäten.“
Dieser Satz ist Gold wert.
Er spart Zeit, Geld und Nerven.
Und er sorgt dafür, dass euer Verein fokussiert bleibt, statt sich zu verzetteln.
Der Sieger hat immer einen Plan, der Verlierer immer eine Ausrede!
4. Planung für das Chaos: Ein Plan ist kein starres Dokument
Viele Vereine haben Angst vor strategischen Plänen, weil sie denken:
„Oh je. Das ist dann fünf Jahre in Stein gemeißelt.“
Aber das stimmt nicht.
Ein strategischer Plan ist kein Betonklotz. Er ist eher ein Schweizer Taschenmesser.
Er hat verschiedene Funktionen und passt sich an eure Situation an.
Es gibt nicht „den einen Plan“. Es gibt verschiedene Formate:
• Der klassische Standard-Plan
Stabil, langfristig, sinnvoll für gesunde Vereine.
• Der Richtungsweisende-Plan
Für Vereine, bei denen die Teams nicht dieselbe Sprache sprechen.
(Wer das Gefühl kennt: „Wir arbeiten am selben Ziel, aber aus… drei verschiedenen Galaxien“ – das ist der richtige Plan.)
• Der Themenbezogene-Plan
Wenn es brennt.
Sinkende Spenden? Hohe Fluktuation? Chaos in der Kommunikation?
Dieser Plan geht auf konkrete Probleme ein.
• Der Organische-Plan
Reaktion auf äußere Umstände.
Neue Gesetzgebung? Neue Trends? Politische Veränderungen?
• Der Echtzeit-Plan
Der Krisenplan.
Naturkatastrophe, Pandemie, Gebäudeschaden. Alles, was sofortiges Handeln braucht.
Das Entscheidende:
Planung ist ein laufender Prozess.
Ein guter Plan wird überprüft, angepasst, weiterentwickelt, so wie eine gute Rede, ein guter Haushalt oder ein gutes Team.
Flexibilität ist kein Gegenteil von Strategie.
Flexibilität IST gute Strategie.
Es ist nichts als Chaos, sagte die Gelassenheit, und lächelte still…
Elvira von Ostheim
5. Ihr versteckter Trumpf: Der strategische Plan als Spenden-Magnet
Dieser Punkt wird im gemeinnützigen Bereich sträflich unterschätzt:
Ein strategischer Plan ist eines der stärksten Fundraising-Werkzeuge.
Warum?
Weil Spender nicht in Aktivitäten investieren.
Sie investieren in:
- Visionen
- Klarheit
- Zukunft
- Wirkung
- Professionalität
Ein strategischer Plan beantwortet Fragen, die Spender sonst mühsam erahnen müssen:
- Wohin will dieser Verein?
- Warum sollte ich GENAU diesen unterstützen?
- Was wird mit meinem Geld passieren?
- Wie wird Erfolg gemessen?
- Gibt es ein Ziel, eine Struktur, einen Weg?
Wenn zwei Vereine um dieselbe Förderung bitten und nur einer hat einen klaren, strukturierten Plan, dann gewinnt immer der mit Plan.
Ein Verein, der seinen strategischen Plan offen teilt, sagt indirekt:
„Sie können uns vertrauen. Wir denken langfristig. Wir arbeiten professionell. Und wir zeigen transparent, wohin wir wollen.“
Das ist ein Geschenk für jedes Fundraising-Team.
Und ein Anker für jede Spenderbeziehung.
Strategisch und methodisch richtig planen bedeutet: Dem Glück gezielt auf die Beine zu helfen!
Alfred Selacher
Schlussfolgerung: Planung ist kein Papierkram, sondern ein Motor
Gemeinnützige Arbeit braucht Herz, Mut und Engagement.
Aber sie braucht genauso:
- Klarheit
- Richtung
- Prioritäten
- Struktur
- und regelmäßige Reflexion
Strategische Planung ist nicht der Feind der Spontaneität. Sie schützt euch davor, in alle Richtungen gleichzeitig zu laufen.
Wenn ein Plan lebt, passiert Folgendes:
- Teams arbeiten harmonischer.
- Entscheidungen werden leichter.
- Streitpunkte verschwinden.
- Spenden steigen.
- Freiwillige fühlen sich ernst genommen.
- Und der Verein wirkt professionell UND menschlich.
Ein Plan verwandelt:
„Wir tun unser Bestes“
in
„Wir erzielen Wirkung, die bleibt.“
Strategie ist die Fähigkeit, mithilfe sinnvoller Planung Prioritäten richtig zu setzen
Lukas Pottmann
5-Punkte-Aktionsplan – sofort umsetzbar
1. 60 Minuten pro Monat reservieren
Ein fester Strategietermin. Ohne Ausreden, ohne Unterbrechung.
2. Drei Hauptziele aufs Papier bringen
Nur drei.
Wenn es mehr sind, sind es zu viele.
3. Die Strategie allen zeigen
Nicht nur dem Vorstand.
Allen.
Freiwilligen, Teilzeitkräften, Partnern.
4. Die „Nein“-Regel einführen
Neue Idee?
Nur dann zulassen, wenn sie näher an eure Jahresziele führt.
5. Den Plan fürs Fundraising nutzen
Spender wollen Klarheit.
Zeig ihnen eure Richtung und sie werden euch begleiten.
Es genügt, wenn wir unsere Pläne und Ideen umsetzen. Träume dagegen wollen geträumt, nicht verwirklicht werden
Brigitte Fuchs
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