Wie man eine Rede nicht beginnt
Der Zweck einer starken Redeeröffnung besteht darin, dein Publikum so zu faszinieren, dass du die ungeteilte Aufmerksamkeit hast.
Die ersten 30 Sekunden sind für dich als Redner sehr wichtig, um dein Publikum für die nächsten 20 – 30 Minuten zu fesseln. Die Zuschauer werden in Sekundenschnelle entscheiden, ob es sich lohnt, dir zuzuhören.
Wenn es dir am Anfang nicht gelingt, deine Zuhörer in deinen Bann zu ziehen, ist das so, als würdest du die beste Zeit verpassen, um sie zu beeindrucken.
Eine starke Eröffnung weckt die Neugier deines Publikums und gibt die Richtung für eine kraftvolle Präsentation vor. Deshalb dachte ich, dass das Thema „Wie man eine Rede NICHT beginnt“ für dich von Nutzen sein würde.
Eines weiß ich aus meiner Jahrzehnte langen Erfahrung: Wenn du dich für den typischen Beginn einer Rede entscheidest, den jeder verwendet, wird es schwierig sein, die Aufmerksamkeit zu bekommen, die du verdienst.
Aus diesem Grund habe ich in diesem Artikel versucht, die Perspektive zu wechseln und beschreibe, „wie du eine Rede nicht beginnen sollst“.
Leider lässt der rechte Augenblick meistenteils so lange auf sich warten, dass wir von all unserer Aufmerksamkeit bereits ermüdet sind, wenn er endlich wirklich eintritt.
Karl Gutzkow
1. Beginne deine Rede nicht mit einer „Tagesschau-Begrüßung“
Mit einem „guten Abend, meine Damen und Herren …“ bist du ab Sekunde 3 bereits bei deinem Publikum unten durch.
Deine Zuschauer haben sich Zeit genommen, um
- etwas Neues zu erfahren,
- Schritt-für-Schritt-Anweisungen zu bekommen,
- unterhalten zu werden,
- an einer Diskussion teilzunehmen,
- …
Eine solche Plattitüde zu Beginn deiner Rede bringt keinem im Raum etwas. Es besteht keine Notwendigkeit dafür.
Alles, worüber du sprichst, einschließlich deines Anfangs, sollte zu deinem Hauptthema beitragen.
Um ein guter Redner zu werden, muss man sich mit Plattitüden beschäftigen.
Victor Hugo
2. Starte nicht mit deiner Vorstellung
Beginne deine Rede niemals damit, dich vorzustellen. Den Leuten ist es egal, wer du bist. Das ist traurig, aber leider wahr. Wenn ihnen bis klar ist, dass du ihrem Leben zu einem Mehrwert verhelfen kannst, werden sie aufmerksam.
Denk daran, dass nicht du wichtig bist. Dein Publikum ist der König. Beginne mit etwas, das zeigt, dass du dich um sie kümmerst, für sie da bist, ein Problem löst.
Sage niemand, wer er ist, so sagt man dir nicht, wer du bist.
3. Beginne deine Rede nicht mit einer Entschuldigung
Deine Entschuldigung kann das Publikum wirklich abschrecken. Vermeide es dich zu Beginn der Präsentation für deine Stimme, dein Dialekt, deine Nervosität, deine aktuelle Gesundheit oder sonst irgendetwas zu entschuldigen.
Wenn du das tust, werden deine Zuschauer ihre Aufmerksamkeit genau auf diesen Makel lenken, der ihnen vielleicht ohne vorherige Ansage nicht aufgefallen wäre.
Werte dich niemals selbst ab. Wenn du dich nicht für gut genug hältst, wie kannst du dann dein Publikum dazu inspirieren, dir Aufmerksamkeit zu schenken?
Der Regenbogen ist eine Entschuldigung für das schlechte Wetter.
4. Beginne deine Rede nicht mit einem beleidigendem Witz
Es gibt Redner, die greifen zu Beginn ihres Vortrags gerne auf Humor zurück. Komik kann die Stimmung aufhellen und als Eisbrecher wirken.
Beleidigende Witze solltest du jedoch unbedingt vermeiden. Ein beleidigender Witz zu Beginn der Rede (genauso wie in der Rede) kann dazu führen, dass das Publikum den Respekt vor dir verliert.
Ein selbstironischer Witz dagegen kann in solchen Situationen oft gut funktionieren.
Witz verblüfft, Humor erleuchtet.
5. Leite deine Rede nicht mit einer Erklärung ein
Beginne nicht mit einer Aussage wie „Heute erzähle ich ihnen …“.
Wieso nicht?
Wenn du mit deiner Schlussfolgerung beginnst, lädst du zu Meinungsverschiedenheiten ein. Ohne den Nutzen der Logik deiner Argumentation forderst du dein Publikum lediglich dazu auf, sich mit dem, was du sagst, auseinanderzusetzen.
Dieser Schritt bringt deinen Vortrag gleich zu Beginn zum Scheitern und führt dazu, dass ein Großteil des Publikums dir nicht mehr annähernd aufgeschlossen zuhört.
Besser ist es, mit einer Absichtserklärung zu starten: „Heute zeige ich Ihnen, warum eine kleine Änderung Ihrer Denkweise/ Handlungsweise später große Erfolge bringen kann.“
Oder beginne mit einer kurzen Geschichte und gib dann die allgemeine Rahmenerklärung ab.
Es ist gut, dass wir die Erklärung der Menschenrechte haben. Besser wäre es, wenn wir sie erst gar nicht bräuchten.
Paul Johann Anselm von Feuerbach
6. Vermeide es, Anweisungen zu geben
Ich war als Zuschauer bei einer Präsentation dabei, wo die vortragende Person mit den Worten begann: „Bitte schalten Sie Ihre Smartphones aus!“. Diese Anweisung stieß bei vielen Zuschauern auf Ablehnung.
Wenn du deinen Vortrag mit einer bestimmten Aussage beginnst, gewinnst du möglicherweise nicht die Aufmerksamkeit und das Interesse des Publikums.
Erscheint dir dieser Punkt wirklich so wichtig, kannst du den Moderator, der dich vorstellt, bitten, das Publikum aufzufordern, ihre Mobiltelefone auszuschalten.
Wenn dies jedoch nicht möglich ist, starte deine Rede mit einer interessanten Einleitung, die betont, wie wichtig es ist, dir zuzuhören. In einem Beisatz kannst du deine Zuhörer außerdem auffordern, ihre Mobiltelefone auszuschalten. Vermeide es, diese Aussage als ersten Satz deiner Rede zu verwenden.
Man hat so viele Anweisungen, den Wein recht zu bauen, und noch keine, ihn recht zu trinken.
Georg Christoph Lichtenberg
7. Unterlasse mit ähm, also, Hallo, … deinen Vortag zu beginnen
Viele unerfahrene Redner kommen oft nicht direkt zu ihrem Vortrag. Sie tummeln sich herum und beginnen mit Wörtern wie „Okay, also“ oder „Hallo“, „Ich werde einfach …“ oder etwas in dieser Richtung.
Das scheint vielleicht etwas zu sein, das nicht wirklich wichtig ist. Aber es ist. Es verringert die Wirksamkeit des Beginns deiner Rede.
Bei den Zuschauern kommt folgende Information an: „Meine Damen und Herren, Ihre Aufmerksamkeit ist noch nicht erforderlich – es wird im Moment nichts Substanzielles oder Wertvolles gesagt, bitte machen Sie so weiter wie bisher
Wenn du auf eine Bühne steigst, um zu sprechen, beginne direkt mit deiner Rede. Starte so, wie du es geplant und geübt hast.
Sag ich je etwas zweimal oder zeigst du mir ein Füllwort – spuck mir ins Gesicht!
Aristophanes
8. Häng deine Rede nicht an der Technik auf
Wenn du auf die Bühne gehst, um zu sprechen, beginne direkt. Technische Probleme solltest du im Vorfeld deines Auftrittes bereits behoben haben.
Vergewissere dich vor deinem Auftritt, ob das Mikrofon funktioniert, ob der Beamer läuft, lass die Präsentation einmal durchlaufen, teste die Stifte am Flipchart usw.
Wenn es aufgrund technischer Fehler zu Unterbrechungen kommt, versuche wieder nach unten zu gehen oder dich zur Seite zu bewegen. Stehst du weiterhin auf der Bühne im Mittelpunkt, so schlüpfst du in eine bestimmte Rolle.
Wenn du Dinge tust, die nicht Teil deines Auftritts sind, verringerst du somit die Wirkung deiner Rede.
Manch einem sitzt die Technik ratlos gegenüber.
Jürgen K. Hultenreich
Fazit
Ich habe dir eben 8 Beispiele aufgezeigt, wie du eine Rede nicht beginnen sollst. Es ist nun mal ein großer Fehler, eine Rede schlecht anzufangen.
Dabei spielt es auch keine Rolle, wie
- gut der Hauptteil deiner Rede ist,
- klar der Kern deiner Argumentation rüberkommt,
- beeindruckend die Qualität deiner Beispiele ist,
- ansehnlich du es gestaltet, artikuliert oder vermittelt hast,
- wertvoll dein Anliegen ist,
- überzeugend deine Begründungen sind,
- einleuchtend deine Schlussfolgerung ist,
- ausführlich dein Aufruf zum Handeln ist,
- kraftvoll du deine Rede beendest,
wenn du deine Rede schlecht beginnst.
Das Publikum hört dir nicht zu!
Beginnst du deine Rede fesselnd, erregst du die Aufmerksamkeit der Menschen. Dadurch schweifen ihre Blicke von ihren Smartphones zu dir auf die Bühne ab.
Ein guter Beginn deiner Rede macht allen klar, dass dein Vortrag für sie von Bedeutung ist, dass du etwas bietest, das es wert ist, gehört zu werden.
Dir ist sicher bewusst: ein guter Start allein reicht nicht aus. Du benötigst außerdem ein starkes Argument, eine Erzählung, einen guten Zweck und einen prägnanten Aufruf zum Handeln. Aber ohne einen kraftvollen Beginn deines Vortrags werden die restlichen Bemühungen wahrscheinlich umsonst sein oder ihre Wirkung wird abgeschwächt.
Eine Lösung
Nachdem du nun weißt, wie man eine Rede nicht anfängt und du dich fragst: Ja, wie beginne ich denn meine nächste Rede, damit ich die Aufmerksamkeit des Publikums fesseln kann? Dann habe ich eine gute Nachricht für dich.
Ich biete am Donnerstag, den 26. Oktober, um 10:00 Uhr einen Workshop in dem ich 25 Redeeröffnungen zeige, die einschlagen!
In diesem Workshop erhältst du 25 verschiedene Redeeröffnungen, die sich in der Praxis bewährt haben. Zusätzlich bekommst du ein Workbook mit vielen konkreten Textbeispielen.
Die meiste Aufmerksamkeit deines Publikums wird auf den Beginn deines Vortrags gerichtet sein. Vermassele dir diesen Moment nicht.
Charles Brück