8 heikle Details, wenn deine gemeinnützige Organisation wächst

8 heikle Details, wenn deine gemeinnützige Organisation wächst

Deine gemeinnützige Organisation hat das ganze Jahr über hart gearbeitet. Der finanzielle Haushalt ist mehr als gefestigt. Die Anerkennung von außen ist groß. Die Nutznießer eurer Dienste sind zufrieden. Die Zahl der Freiwilligen wächst. Also rundum gute Nachrichten.

Es ist verlockend zu glauben, dass alle deine Probleme gelöst sind, wenn deine gemeinnützige Organisation wächst. Ich weiß es, weil ich früher auch in diese Denkrichtung dachte, wenn ich mich nicht dagegen wehrte.

Ich bin nicht der Erste, der zugibt, dass ich lieber Teil von etwas bin, das wächst als von etwas, das feststeckt oder stirbt. Aber Wachstum im Ehrenamt bedeutet nicht, dass dadurch alles besser wird und die Probleme verschwinden.

Wenn deine Organisation wächst, er- oder durchlebst du als Führungskraft neue Herausforderungen. Auch wenn du täglich

  • gegen diese Probleme ankämpfst,
  • Lösungen suchst,
  • findest,
  • anwendest und
  • sie besiegst,

stehen morgen neue Probleme vor der Tür.  

Ich habe mich in sehr kleinen Organisationen mit einer Handvoll Mitarbeitern engagiert. Ich habe auch Teams mit bis zu hundert Freiwilligen geführt. Diese ganze Palette von Schwierigkeiten, die eine Organisation, die wächst, mit sich bring, ist mir bekannt. Gespräche mit Kollegen, die eine gemeinnützige Organisation mit mehreren Hundert, ja sogar mit 1000 Freiwilligen führten, bestätigten mir, dass sie sich ständig mit neuen Problemstellungen beschäftigten mussten.

Hier sind 8 Details, mit denen jede Führungskraft einer Organisation, die wächst, zu kämpfen hat:

1. Die leitende Führungskraft ist weniger verfügbar

Wenn deine Organisation wirklich klein ist, stehst du für alles zur Verfügung, was andere fragen, wollen oder brauchen. Du kannst nicht argumentieren, dass du nicht verfügbar bist, wenn du eine winzige Organisation leitest.

Wenn deine gemeinnützige Organisation aber wächst, musst du anfangen, von deiner ständigen Verfügbarkeit wegzukommen. Wenn du dies nicht tust, wirst du zusammenbrechen oder deine Organisation wird aufhören zu wachsen.

Du kannst als Führungskraft sehr gut für zehn freiwillige Mitarbeiter verfügbar sein. Du wirst dich aber abnutzen, wenn du ständig für 100 Leute verfügbar sein musst.

Nicht auszudenken, wie deine Situation ausufert, wenn die Organisation auf 500, 1000 oder noch mehr Mitglieder wächst.

Meine Erfahrung sagt mir, dass du niemals so vielen Leuten dienen kannst, weil es menschlich unmöglich ist, selbst wenn du ehrenamtlich 7 Tage in der Woche und 10 Stunden am Tag arbeiten würdest.

Viele Mitarbeiter werden einfach wegbleiben. Nachvollziehbar, denn ihre Anrufe und Anfragen werden nicht beantwortet und ihre Bedürfnisse können nicht erfüllt werden.

Das Problem des bedarfsgerechten Dienens besteht darin, dass die menschlichen Bedürfnisse kein Ende finden. Deine Organisation wird Schwierigkeiten haben, wenn du als Teamleiter weniger verfügbar bist, wenn sie wächst. Aber es wird noch schwieriger, wenn du diese ehrenamtliche Institution nicht umstrukturierst, wenn sie wächst.

Die Lösung ist an sich einfach. Um mehr Menschen zu erreichen, musst du weniger Menschen zur Verfügung stehen.

Das Gedächtnis ist der Spiegel, in dem wir die Abwesenden erblicken.

Joseph Joubert

2. Die Führungskraft kann nicht mehr alles erledigen

Viele Führungskräfte kleinerer Organisationen oder Vereine beginnen als Alleskönner: Teamleiter, Schriftführer, Organisator, Meetingleiter, Konfliktschlichter, Projektleiter, Kommunikator, Marketingexperte, Trainingsleiter und sogar Freund, der vorbeikommt, wenn es ganz schlimm ist.

Wenn deine Organisation klein ist, ist es für den Teamleiter selbstverständlich, fast die gesamte Arbeit zu erledigen, da anscheinend niemand anderes zur Verfügung steht. Geld, um Aufgaben auszulagern oder andere einzustellen, ist sowieso nicht vorhanden. Wenn doch, wird es für die Finanzierung neuer Projekte für Bedürftige investiert. 

Mir ist meine Anfangszeit als Teamleiter im Kriseninterventionsteam noch gut in Erinnerung. Ich schrieb Reden, verfasste Briefe, entwickelte Marketingstrategien, organisierte Referenten, reservierte Schulungsräume, erstellte Mitglieder-Tabellen, nahm an Meetings teil, entwarf neue Ideen zu Projekten, versuchte den Überblick des Budgets zu behalten und bildete mich aktiv weiter in psychosozialer Betreuung. Ich war in den meisten Dingen auf dieser Liste nur mittelmäßig und in einigen scheußlich.

Als unsere Organisation weiterwuchs, trat ich immer mehr Rollen ab. Für mich war das ein langer Weg hin zu dieser Entscheidung.

Zuerst gab ich die Schriftführeraufgaben ab. Anschließend die des Schatzmeisters. Später delegierte ich die Teilnahme an Sitzungen. Marketing und das aktive Mitarbeiten an Projekten folgten.

Zum Schluss hatte ich mich von fast allen Aufgaben zurückgezogen, die ich am Anfang erledigte. Ich arbeitete jetzt hauptsächlich an der Organisation, aber nicht mehr in der Organisation. Dabei kam keineswegs Langeweile auf. Aufstrebende junge Mitarbeiter zu angehenden Teamleitern zu fördern ist ein aufwendiger Prozess.

Mir fiel auf, dass es einem zweischneidigen Schwert ähnelte. Einerseits kämpfst du mit dem Loslassen. Andererseits kämpfen deine Mitarbeiter gegen dich, weil du loslässt. Loslassen führt zu Veränderungen und Veränderungen führen zu beklemmenden Gefühlen bis hin zu Unmut.

Heute sage ich, wenn du wachsen willst, musst du loslassen.

Einige Postsachen erledigen sich durch Weiterleiten, andere wiederum durch Liegenlassen.

Joachim Panten

3. Interne Kommunikation anpassen

Informiere deine Mitarbeiter rechtzeitig über die Expansionspläne, bevor du sie in die Tat umsetzt. Du kannst deinen engen Teammitarbeitern entweder die Möglichkeit geben, direkt mit ihren eigenen Teams zu sprechen, oder wenn du eine kleinere Organisation führst, kannst du persönlich die Ankündigungen machen. Diese können regelmäßig in Mitarbeiterversammlungen, per E-Mail oder im internen Newsletter aktualisiert werden.

Teile auch deine langfristige Vision mit. Dies ist eine Führungskompetenz, die Menschen vereint und Bindungen aufbaut.

Unabhängig von deinen Kommunikationsmethoden solltest du dir über deine Pläne und Ziele im Klaren sein. Du sollst deine Mitarbeiter beruhigen, wenn Unsicherheit herrscht.

Finde heraus, welche Kommunikationsstrukturen an die Situation, dass eure gemeinnützige Organisation wächst, angepasst werden müssen.

Die einzige Möglichkeit, Menschen zu motivieren, ist die Kommunikation.

Lee Iacocca

4. Nicht mehr alle Freiwilligen kennen

Führungskräfte einer kleinen Organisation fürchten sich davor, dass sie nicht mehr wissen, wie jeder Freiwillige heißt, wenn sie weiter wächst.

Ehrlich gesagt kennen die meisten Menschen nicht jeden in einer 80-köpfigen Organisation. Wissenschaftlich kann man das mit der Dunbar-Zahl erklären. Man versteht darunter die theoretische „kognitive Grenze“ der Anzahl an Menschen, mit denen eine Einzelperson soziale Beziehungen unterhalten kann. Im Allgemeinen betrage die Dunbar-Zahl 150, wobei die Anzahl der Freunde individuell zwischen 100 und 250 schwanken könne.

Bedenkt man, dass Freiwillige außerhalb der Organisation ebenfalls stark vernetzt sind (Job, Freunde, Familie…), dann ist es ein normales Phänomen, nicht jeden in der Organisation zu kennen.

Es geht nicht darum, dass jeder jeden kennt. Es geht darum, dass jeder bekannt ist.

Ich habe zum Glück die persönliche Fähigkeit, mehrere Hundert Menschen mit Namen und Gesicht zu behalten. Wenn wir aber eine Ausschreibung zum Einstellen von neuen Freiwilligen starteten und sich 60 engagierte Leute eingeschrieben hatten, brauchte ich Wochen, um mir die neuen Namen und Gesichter einzuprägen. Da rauchte mein Kopf manchmal. Übrigens, die Namensschilder der Freiwilligen halfen mir sehr.

Mein Tipp: Schaffe eine gemeinnützige Organisation, in der jeder, der bekannt sein will, es auch ist. Du wirst damit mehr Menschen erreichen.

Für jeden Menschen ist sein Name das schönste und bedeutungsvollste Wort in seinem Sprachschatz.

Dale Carnegie

5. Übergang von führenden Freiwilligen zu führenden Führungskräften

Wenn du eine wachsende Organisation effektiv führen willst, musst du anfangen, erfahrene, ehrgeizige Volontäre zu fördern, damit sie später führen können, anstatt dass du immer weiter nur Freiwillige führst. Das ist keine einfache Veränderung.

Du kommst vielleicht in die Versuchung, von allen, die du führst, erkannt und anerkannt werden zu wollen. Wirklich große Führungskräfte sind bereit, das nicht zu tun.

Du wirst erkennen, dass dein größter Erfolg darin liegt, führende Freiwillige zu führen, die wiederum andere Freiwillige führen können.

Was dann aber auch bedeutet, dass diese manchmal das Ansehen erhalten und nicht du. Was wiederum in Ordnung ist, wenn du dich dazu verpflichtest, ein effektiver Führer zu sein.

Wenn es dir nicht gut damit geht, wenn andere das Image erhalten, wirst du das Wachstum der Organisation schließlich auf das Niveau deiner Unsicherheit herunterfahren.

Du musst von führenden Freiwilligen zu führenden Führungskräften wechseln, wenn du mehr Menschen erreichen möchtest.

Führen heißt bewegen.

Georg-Wilhelm Exler

6. Systeme einführen nützt

Diese Aussage ist für viele Führungskräfte schwierig – für mich war sie es auch. Ich liebe Freiheit und sogar Spontanität.

Aber wenn deine gemeinnützige Organisation auf 100 Freiwillige und mehr ansteigt, musst du über Systeme verfügen, die funktionieren.

Viele Führungskräfte haben Angst vor Systemen und Strukturen, weil sie denken, dass dies die Schaffung von zu viel Bürokratie bedeutet. Bürokratie erstickt das Erreichen von Zielen und Projekte. Großartige Systeme dagegen treiben das Erreichen an.

Wenn auch die Erstellung von Systemen einen nicht zu unterschätzenden Zeitaufwand bedeutet, so sind großartige Prozesse und Strukturen, die die Ziele deiner Organisation mit schlanken, aber soliden Prozessen in Bezug auf

  • Datenschutz und Datensicherung,
  • Planung,
  • Gewinnung von neuen Freiwilligen,
  • Anerkennung und Wertschätzung,
  • Finanzen,
  • Spenden,
  • Verwaltung, usw.

definieren, unumgänglich.

Ohne Struktur bricht die Freiheit in Chaos und Desorganisation zusammen.

Die junge Führungskraft schätzt die Freiheit von Struktur. Die reife Führungskraft schätzt die Freiheit in der Struktur.

Ohne großartige Systeme in gemeinnützigen Strukturen, die die Hilfe von Menschen fördert, kannst du dich nicht optimal um Menschen kümmern.

Ein System ist eine Ganzheit. Jedes Teil ist mit jedem so verbunden, dass jede Änderung eine Änderung des Ganzen bewirkt.

Virginia Satir

7. „Nein“ sagen lernen

„Ja“ bringt dich zum anfänglichen Wachstum. „Nein“ bringt dich zu nachhaltigem Wachstum.

Viele Führungskräfte im Ehrenamt sind Menschenliebhaber.

Die meisten großen Organisationen werden nicht nur effektiv, weil sie entschieden haben, was sie sind, sondern im Grunde, weil sie entschieden haben, was sie nicht sind.

Während deine gemeinnützige Organisation wächst, werden immer mehr Menschen mit Ideen auftauchen, wie du die Dinge verbessern könntest oder sogar das Betätigungsfeld der Organisation ausweiten könntest.

Es ist viel einfacher, Nein zu sagen, wenn du eine klar definierte Mission, Vision, Strategie und Kultur hast.

Die Führungskraft, die zu allem Ja sagt, sagt letztendlich Ja zu nichts.

Nein sagen zu können, ist Gewinn an Kraft und Zeit.

Else Pannek

8. Umgang mit Kritikern ist gefragt

Sobald eine ehrenamtliche Organisation anfängt zu wachsen, werden Kritiker sich die Klinke in die Hand geben.

Du wirst interne Kritiker haben, die möchten, dass die Dinge wieder so werden, wie sie früher waren. Aber die Kritiker gibt es nicht nur intern. Das Wachstum zieht auch eine wachsende Anzahl externer Kritiker an.

Unsere Zeit scheint sich darauf spezialisiert zu haben, Führungskräfte und Organisationen zum Wachstum zu ermutigen und sie dann zu kritisieren, wenn sie dies erreicht haben.

Wachstum zieht Kritiker an. Das tut es einfach immer. Die Frage, die du dir stellen musst, ist: Wie verarbeitest du Kritik?

Der beste Weg, um zu verarbeiten, was deine Kritiker dir vorwerfen, besteht darin, zu verstehen, warum sie es sagen.

Zieh zuerst alles Gute aus dem, was sie gesagt haben, und denke darüber nach. Du bist nicht perfekt. Also kannst du daraus lernen und dich entwickeln. Aber anschließend verarbeite, warum Kritiker oft so gemein sind.

Was treibt normalerweise die Feindseligkeit eines Kritikers gegenüber Erfolg und Wachstum an? Zwei Dinge:

1.         Eifersucht

2.         Notwendigkeit, ihren eigenen Mangel an Fortschritt zu rechtfertigen.

Sobald du verstehst, dass sich die Argumente eines Kritikers oft weniger auf dich als auf sie selbst beziehen, kannst du sogar Mitgefühl zeigen und dich sogar um sie kümmern.

Ich bin von den Kritikern oft zerrissen worden, aber das Publikum hat mich immer wieder zusammengeflickt.

Jacques Tati

Schlussfolgerung

Die meisten von uns sind in eine gemeinnützige Organisation eingetreten, weil wir helfen wollten. Wenn diese jetzt Wachstum erfährt, dann ist es das Ergebnis von Freiwilligen, die sich einbringen. Engagierte Freiwillige sind leidenschaftliche Menschen.

Dieser Artikel soll nicht den bösen Finger zeigen. Es soll nur auf eventuelle Probleme hinweisen, auf die man sich vorbereiten kann, wenn sich Wachstum einstellt.

Eines steht auf jeden Fall fest: Auch in einer wachsenden Organisation werden sich leidenschaftliche Freiwillige finden, die wissen, was die Mission ist. Und sie werden sie vorantreiben und sie ausleben.

Ich würde gerne von dir lesen. Welche anderen Kämpfe hast du in deiner Organisation die wächst, erlebt?

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Bild von Keith Johnston auf Pixabay 

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