Was ich in einem Sportgeschäft für das Ehrenamt lernte
Da ich neue Sportsachen brauchte, machte ich auf dem Nachhauseweg einen Abstecher in ein Sportgeschäft, was auf dem Weg lag. Drinnen entdeckte ich einen Freund, der ebenfalls ein Sportgeschäft führt, aber eben nicht dieses. Ich ging auf ihn zu, begrüßte ihn und fragte, ob er die Konkurrenz ausspionieren würde. Er lächelte und im Gegenzug fragte er mich, wieso ich nicht in seinem Sportgeschäft einkaufe.
Dann erklärte er mir, dass ich eigentlich recht hatte. Er würde es aber nicht unbedingt spionieren nennen. Mir erklärte er es folgendermaßen: „Ich bin daran interessiert, zu wissen, auf welchem Level sich das Personal von diesem Sportgeschäft befindet.“ Dann vertraute er mir an, dass die Ausstattung, die Produkte, das Design, die eine Seite der Medaille sind. Er aber würde sich eher für die Personalkompetenz interessieren.
Ob sie die angebotenen Produkte kennen, wie die Begrüßung der Kunden, die Informationsvermittlung, die Befragung aussieht. Er blickte sich ein wenig um und sagte zu mir „Komm wir gehen da rüber zu den Sportschuhen.“
Dort stand eine junge Frau vor dem Regal der Premiumschuhe und hatte gerade einen Schuh ergriffen und herausgezogen. Da kam auch schon der junge Verkäufer auf sie zu und fragte:
„Kann ich ihnen helfen?“
„Nein, ich schaue mich nur ein wenig um.“
„Wollen sie diesen Sportschuh anprobieren?“
„Nein“, sagte die Kundin und legte den Schuh zurück.
„Diese Sportschuhe sind sehr bequem“, probierte der Verkäufer erneut. Die junge Dame aber war bereits auf dem Weg zur Ausgangstür.
„Hast du das gesehen?“, fragte mich mein Freund. „Ja, antwortete ich, das ging voll daneben.“ „Das war stümperhaft“, entgegnete er mir. Daraufhin lud er mich zu einem Kaffee ein. Er erklärte mir, wie er die Szene eben im Sportgeschäft interpretierte. Es sollte eine Lektion für mich sein, auch für das Ehrenamt.
Die „Wenn-Dann“-Strategie im Sportgeschäft
Er erklärte mir, dass in einem Sportgeschäft zu 99 % die Antwort auf die Frage „Kann ich ihnen helfen?“ NEIN ist. Das kommt davon, dass der Verkäufer sich im Voraus nicht gefragt hat, ´was kann der Kunde auf diese Frage antworten? ´ Dann wäre ihm bewusst geworden, dass er in eine Sackgasse gerät.
Also wie kann ein Verkäufer das besser angehen? Was wäre also, wenn er Fragen stellen würde, mit denen er den Kunden navigieren könnte. Also so ähnlich wie das Navigerät uns im Auto zum Ziel führt – hier wäre das die Kasse.
Mein Freund erklärte mir, dass in seinem Sportgeschäft die Verkäufer auf die „Wenn – Dann“ Strategie geschult sind. Die Strategie beginnt mit beobachten und geht dann ins Gespräch über.
Wenn der Kunde bereits einige Minuten das Geschäft durchstöbert, dann gehe hin und frage ihn. „Wie kann ich ihnen helfen?“
Wenn die Kundin nach Laufschuhen sucht, dann stelle ihr die Frage, welche Art von Training sie ausübt.
Wenn die Kundin nach dem Schuh ihrer Größe fragt, dann versuche herauszufinden, welche genauen Ansprüche sie an die Schuhe stellt.
Ausschlaggebend ist, mit den Kunden ins Gespräch zu kommen.
Für mich waren die Erklärungen meines Freundes einleuchtend. Mir ging unser Gespräch nicht aus dem Kopf. Ich versuchte, mir seine Strategie im Ehrenamt vorzustellen. Wenn du neue Ehrenamtliche suchst – ich weiß, das sind keine Kunden – solltest du auch die „Wenn – Dann“ Strategie anwenden.
Sich im Vorfeld Gedanken darüberzumachen, wie du die Interessierten empfängst, ist eine Sache. Eine andere, ist zu wissen welche Fragen du stellen sollst, damit du verstehst, was die unerfüllten Bedürfnisse oder die nicht ausgesprochenen Wünsche und Erwartungen sind, die sie zu dir, zu deinem Verein, deiner Organisation führen. Du solltest vorbereitet sein, damit du keine unüberlegten Fragen stellst, die in eine Sackgasse führen, wie beim Verkäufer im Sportgeschäft.
Wendest du die Wenn-Dann-Strategie auch im Ehrenamt an? Novalis kannte die Strategie auch:
Wenn man erst will, dann kann man auch.
Novalis
Herzliche Grüße,
Charles